Diabetes kommt viel häufiger vor als manche glauben. Etwa 5%, also vier Millionen in der heutigen Bundesrepublik, müssen sich mit diesem Problem beschäftigen. Die Zahl der noch nicht entdeckten Diabetiker liegt bei etwa 1%. Wichtig ist aber, daß ungefähr weitere 10%, also acht Millionen, einen „versteckten Diabetes" haben, den Ärzte „subklinisch, latent oder asymptomatisch" oder „pathologische Glukosetoleranz" nennen. Oft handelt es sich dabei um eine Frühform des Diabetes mellitus, die nur mit bestimmten Tests entdeckt werden kann. Das bedeutet: weder der Betroffene noch der Arzt weiß, ob eine Zuckerkrankheit besteht. Das Problem des „versteckten Diabetes", also der Beginn der Krankheit, ist das Fehlen von jeglichen Beschwerden.
Es gibt kaum eine andere Krankheit, die sich bei rechtzeitiger Entdeckung so gut behandeln läßt, wie gerade der Diabetes. Vorraussetzung ist das Wissen um die Probleme und die richtige Anwendung dieses Wissens.
Die Erkrankung an Diabetes beginnt meistens ohne Beschwerden, langsam oder schleichend. Diabetes verursacht auch später keine Schmerzen, wenn bereits Komplikationen bestehen. Dadurch sind bei nahezu der Hälfte der Betroffenen zum Zeitpunkt der Diagnose „Diabetes-Folgeerkrankungen" zum Beispiel an Nieren und Augen vorhanden und zum Teil sehr weit fortgeschritten. Bei Diabetes mellitus gilt der Satz: "Einmal Zucker - immer Zucker!"
Diabetes mellitus ist einer ernst zu nehmende Erkrankung, die den Betroffenen ein Leben lang begleitet. Nur wer die Spielregeln einhält und seinen „Zucker in Griff" hat, kann das normal hohe Lebensalter eines Gesunden erreichen.
Wenn Sie nachfolgende Risiken haben, sollten Sie sich von Ihrem Arzt in bestimmten Abständen immer wieder untersuchen und auch beraten lassen, damit Sie die Krankheit schon zu Beginn richtig erkennen und sich darauf einlassen können.
Gemessen werden kann der Blutzucker auch in der Apotheke. Normal ist der Blutzucker unter 100 und erhöht über 126. Im Urin darf nie Zucker sein.
Die Diabetes-Neuerkrankungsrate ist erhöht bei Übergewicht und Diabetes in der Familie
Besonders für die Erkrankung von Diabetes gefährdet sind Menschen mit Übergewicht. Die Neuerkrankungsrate ist dann etwa zehnmal erhöht, bei starkem Übergewicht sogar dreißigmal. Besonders gefährdet sind die Übergewichtigen, bei denen der Bauchumfang größer als der Hüftumfang ist.
Haben beide Elternteile Diabetes liegt das eigene Risiko zwischen 60 und 80%. Das bedeutet, daß von drei Kindern früher oder später an Diabetes erkranken werden. Hier darf die Krankheit auf keinen Fall verharmlost werden, indem Sie sich sagen: ja, die Oma hatte ein „bißchen Alterszucker".
Typische Beschwerden
Bei einer Vielzahl der folgenden sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.
Viel Durst und häufiges Wasserlassen, Gewichtsabnahme, Muskelkrämpfe, trockene und schuppige Haut, Juckreiz mit und ohne Hautveränderungen, Entzündungen durch Pilze, aber auch Furunkel und ganz einfache Eiterpickel können entstehen.
Die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit können sich verändern. Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Sehstörungen, Konzentrationsstörungen und Verlangsamung des Denkens, Druckgefühl im Kopf aber auch psychische Probleme weisen durchaus auf Diabetes hin. Aggressive Verhaltensweisen sind nicht selten (z.B. auch am Arbeitsplatz). Infektionen der Harnwege und auch Atemwege treten wiederholt auf und dauern manchmal länger.
Appetitlosigkeit kann sich mit Heißhungeranfällen abwechseln. Übelkeit und Bauchschmerzen bis zu Bauchkrämpfen kommen immer wieder vor und können in einzelnen Fällen zur Krankenhausaufnahme führen.
Beschwerden als „Spätkomplikationen" - 40% haben bereits Durchblutungsstörungen
40% der „versteckten Diabetiker", die noch normale Nüchternblutzuckerwerte, aber erhöhte Werte zwei Stunden nach dem Essen haben, haben Durchblutungsstörungen durch verengte Adern. Luftnot und Engegefühl in der Brust weisen auf Komplikationen am Herz hin. „Herzschmerzen" fehlen oft, weil das Nervensystem durch Diabetes geschädigt ist.
Schmerzen in den Beinen beim Laufen, so daß Sie vor einem Schaufenster stehen bleiben („Schaufensterkrankheit"), bis es wieder geht, aber auch kalte Füße sind Krankheitsfolgen durch Diabetes.
Risikofaktoren beschleunigen Folgekrankheiten
Als sogenannte Risikofaktoren, die diese Erkrankungen in Verbindung mit Diabetes beschleunigen, haben etwa 50% der Betroffenen erhöhte Blutfettwerte und/oder einen hohen Blutdruck. Bei einem Diabetiker sollte der Blutdruck idealerweise nicht über 130/80 sein.
Metabolisches Syndrom
Wenn Diabetes, Übergewicht, hoher Blutdruck und erhöhte Fettwerte zusammen auftreten, wird das auch „das metabolische Syndrom" genannt.
Gibt es bei Ihnen Hinweise, daß Sie diese Krankheit bekommen können, nehmen Sie diese ernst. Mit Hilfe Ihres Arztes stürzen Sie nicht in einen Abgrund, verlieren nicht den Boden unter den Füßen und erleben keinen Albtraum.
Ihr Arzt kann Sie informieren und aufklären, Selbsthilfegruppen und gegenseitiger Erfahrungsaustausch sind wichtig, um sich vor Folgekrankheiten der Zuckerkrankheit zu schützen.
Blutzucker Teststreifen
Blutzucker-Teststreifen - wann, für wen, wie oft verordnen?
Teststreifen gelten im Bereich der Krankenversicherung als Arzneimittel und gehen damit in die Berechnung der Arzneimittelausgaben und der Richtgrößen ein. Bei der Verordnung muss zwischen insulin- und nichtinsulinpflichtigen Patienten unterschieden werden. Rein medizinisch gesehen sind Blut- und Harnzuckerteststreifen eigentlich keine Arzneimittel, sondern Hilfsmittel, da man mit ihrer Hilfe ein Testergebnis zur Überprüfung einer Körperfunktion herstellen kann.
Der Gesetzgeber hat aber vor mehr als 10 Jahren die Teststreifen zu "Definitionsarzneimitteln" ernannt. Teststreifen sind also per definitionem aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel (§ 2, Abs. 2 Arzneimittelgesetz).
Über diesen Punkt wurde schon oft und heftig diskutiert. Auch die Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 18. Dezember 2001 ändert daran nichts. Teststreifen sind zwar jetzt als Medizinprodukte den in-vitro-Diagnostika zugeordnet; das Leistungsrecht des SGB wird davon aber nicht tangiert.
Obwohl Teststreifen als Arzneimittel eingestuft sind, werden sie durch § 31 SGB V, Abs. 3 ausdrücklich von der Zuzahlung befreit. Die Logik ist kaum nachzuvollziehen. Die Kosten der Teststreifen fließen in die Berechnung des Arzneimittel-Budgets bzw. Ausgabenvolumens und der Richtgrößen ein!
Verordnung von Teststreifen
Grundsätzlich
Eine Blutzuckerkontrolle ist medizinisch sinnvoll, wenn aufgrund der Kontrolle unmittelbar eine Dosisanpassung des Antidiabetikums durch den Patienten erfolgen kann bzw. der Patient Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen kann, die zu einer Verbesserung der Therapie führen. Dies ist bei Typ 2 Diabetikern, die einzig orale Antidiabetika einnehmen, nicht der Fall und nicht notwendig.
Typ 2 - Diabetiker ohne Insulin
Für Typ 2-Diabetiker, die lediglich mit oralen Antidiabetika und Diät behandelt werden, sind Teststreifen von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV auszuschließen. Der Kauf eines Blutzuckermessgerätes dient in diesem Fall eher dazu, die persönliche Neugier zu befriedigen, und ist kein Grund, Teststreifen zu verordnen.
Einige Diabetologen und selbstverständlich die Hersteller von Teststreifen sehen dies anders. Es wird argumentiert, dass ein sich selbst testender Diabetiker ganz gleich, ob insulinpflichtig oder nicht, mit Blutzuckerselbstkontrolle besser eingestellt ist als derjenige, der gar nichts tut oder nur gelegentlich einmal eine Urinzuckerselbstkontrolle durchführt. Daher wird manchmal auch bei oralen Typ 2 Diabetikern eine ein bis viermalige Blutzuckermessung pro Woche empfohlen. Damit erhielte der Patient etwa 50 Teststreifen pro Quartal (entspricht 30 bis 60 EUR pro Quartal).
Solche Forderungen sind Ausdruck der aktuellen Diskussion über den Sinn einer straffen Blutzuckereinstellung bei Typ II-Diabetikern generell. Die Diabetes-Gesellschaften haben sich bislang noch nicht auf eine einheitliche Position in dieser Frage einigen können.
Harnzuckertest
Solange Harnzucker ausgeschieden wird, soll man seinen Blutzucker auch messen; bei Harnzuckerfreiheit genügen 2-3 Tests pro Woche. Das Behandlungsziel heißt: Kein Zucker im Urin eine Stunde nach dem Frühstück.
Insulinpflichtige Diabetiker (Typ 1 und Typ 2)
Diabetiker unter intensivierter Insulintherapie haben durch eine regelmäßig selbst durchgeführte Kontrolle die Möglichkeit, ihre Insulindosis dem gemessenen Blutzuckerwert anzupassen. Testreifen müssen daher verordnet werden.
Wie oft die Blutzuckerbestimmung nötig ist, hängt von der Art der Therapie und der Stabilität des Stoffwechsels ab, kann aber bis zu 5 mal am Tag erfolgen.
Neu eingestellte insulinpflichtige Diabetiker
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass neu auf eine intensivierte Insulintherapie eingestellte Patienten im Laufe der Zeit die Häufigkeit ihrer Selbstkontrollen reduzieren, da die Blutentnahme auf Dauer schmerzhaft ist.
Außerdem sammeln die Patienten Erfahrung mit ihren Blutzuckerwerten, so dass sich die Zahl der benötigten Teststäbchen von allein reduziert.
Stabil eingestellte insulinpflichtige Diabetiker
In der Frage der Blutzuckerselbstkontrolle bei stabil eingestellten insulinpflichtigen Diabetikern, die fixe Insulindosen zweimal täglich applizieren, wird man sich über die Häufigkeit der Selbstkontrolle streiten können.Unstrittig ist, dass im Falle von starken Blutzuckerschwankungen, Infekten, Stresssituationen und bei ungewöhnlichen Befindlichkeitsschwankungen gehäufte Blutzuckerselbstkontrollen geboten sind, auch wenn diese nicht unmittelbar im Einzelfall zur sofortigen Dosisänderung der zugeführten Insulinmengen führen.
Allein wegen der Komplikationshäufigkeit der Hypoglykämie sind auch bei stabil eingestellten insulinpflichtigen Diabetikern ggf. tägliche postprandiale Blutzuckerkontrollen mit Dokumentation im Diabetesausweis, ggf. auch mehrfach am Tag, angezeigt. Hier kommt es auf die Patientenführung einerseits und die Stabilität bzw. Instabilität der Stoffwechsellage andererseits an.
Eine ganz fixe Regel oder eine fixe Menge pro Tag oder pro Woche lässt sich bei diesem sehr variablen Geschehen wohl kaum festlegen.
Führerschein & Diabetes
Seit 01.05.2014: neue Richtlinien zum Führerschein bei Diabetes
Zum 01.05.2014 hat die Bundesanstalt für Straßenwesen („BASt“) eine neue Fassung der „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ veröffentlicht. In diesen Leitlinien findet sich eine Zusammenstellung von körperlichen und/oder geistigen Einschränkungen, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinträchtigen können. Für zahlreiche Krankheiten werden dort Vorgaben und Voraussetzungen definiert, die ärztliche Gutachter bei der Bewertung der Fahreignung berücksichtigen müssen. Auch die Begutachtungskriterien bei Diabetes wurden komplett neu geregelt.
“Alles Schöne bringt der Mai” – zumindest in punkto Führerschein und Diabetes dürfte dies wohl zutreffen. Denn die neuen Begutachtungsleitlinien des BASt stellen nun unmissverständlich klar, dass die Teilnahme am Straßenverkehr mit – und trotz – Diabetes möglich ist. Auch stellt die Diabetes-Krankheit nun kein grundsätzliches Hindernis mehr für das Führen von LKW über 3,5t und die Personenbeförderung dar. In der neuen Begutachtungsleitlinie ist jetzt ausdrücklich festgeschrieben, daß „gut eingestellte und geschulte Menschen mit Diabetes” sowohl PKW als auch LKW “sicher führen“ können – dies gilt auch für die Personenbeförderung (Taxis, Omnibus).
Die bislang geltende Regelung war noch deutlich restriktiver, dort hiess es nämlich: “Wer als Diabetiker mit Insulin behandelt wird, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Ausnahmen setzen außergewöhnliche Umstände voraus, die in einem ausführlichen Gutachten im Einzelnen zu beschreiben sind. [...]” Voraussetzung ist aber natürlich nach wie vor, dass Unterzuckerungen („Hypoglykämien“) rechtzeitig wahrgenommen werden. Dies wird von der Leitlinie auch konkretisiert: wer innerhalb von zwölf Monaten wiederholt eine so schwere Unterzuckerung hat, daß er fremde Hilfe benötigt, darf in der Regel zunächst nicht mehr fahren. Den Führerschein bekommt man aber dann wieder, sobald nachgewiesen werden kann, daß “wieder eine hinreichende Stabilität der Stoffwechsellage sowie eine zuverlässige Wahrnehmung von Hypoglykämien sichergestellt ist”.
Der Ausschuss Soziales der Deutschen Diabetes-Gesellschaft DDG durfte bei der Neufassung der Leitlinien mitwirken. Durch den engagierten Einsatz dieser Experten konnte erreicht werden, dass die ursprünglich vorgesehene, strengere Fassung deutlich entschärft wurde.
Im Ergebnis wurde für Menschen mit Diabetes nun eine meines Erachtens sehr vernünftige, praxisnahe und im Ergebnis auch verbesserte Regelung geschaffen.
Der Text der neuen Begutachtungsleitlinie ist auf der Internetseite der BASt abrufbar.